Schöne neue ITS Welt?
Letzte Woche hat der ITS (Intelligent Transportation System) Weltkongress in Bordeaux, Frankreich, stattgefunden und das Programm war ausgezeichnet mit exzellenten Rednern, einer vielfältigen Ausstellung, live Demos und zahlreichen Möglichkeiten, sich über die letzten technischen Fortschritte auszutauschen.
Meinen richtigen Wow-Effekt hatte ich allerdings auf dem Weg zurück zum Flughafen im Rahmen einer Unterhaltung mit dem Taxifahrer.
Bei 1,24 Millionen Unfalltoten jährlich weltweit ist das einheitliche Verständnis, dass autonomes Fahren diese Zahl erheblich senken kann. Fahrzeugautomatisierung steht auch für geringeres Stauaufkommen und weniger Umweltverschmutzung in Städten. Mobilitätskonzepte ersetzen individuellen Fahrzeugbesitz. Das gesamte Ökosystem verändert sich mit Automobilherstellern und Flottenbetreibern, die Fahrzeuge auf Abruf am gewünschten Ort, zur gewünschten Zeit zur Verfügung stellen. Statt 90% ihrer Zeit auf einem Parkplatz zu verbringen, werden weniger Fahrzeuge effektiver genutzt. Fahrzeugautomatisierung verspricht uns Zeitgewinn, indem Autos unsere Einkäufe in Läden abholen und unsere Kinder zu ihren Aktivitäten fahren, während wir bei der Arbeit sind oder unser Büro früher verlassen können, da wir noch arbeiten können, während wir nach Hause fahren.
All das klingt wie eine schöne neue Welt: weniger Unfälle auf Straßen, weniger Staus und keine Parkplatzsuche, CO2 Reduzierung und ein klarer Zeitgewinn für uns in unserem täglichen Leben.
Aber während ich noch über die Vorteile des autonomen Fahrens schwärme, wendet der Taxifahrer ein, dass er eher Nachteile für unsere Gesellschaft sieht.
Weniger Autos heißt weniger Komponenten, was zu weniger Beschäftigung führt. Taxifahrer werden nicht mehr benötigt; vielleicht werden nicht einmal mehr Lastwagenfahrer zum Transport von Gütern benötigt. Nannies müssen Kinder nicht mehr in die Schule bringen oder sie dort abholen. Versicherer werden schrumpfen, da sie mit Flottenbetreibern statt mit individuellen Fahrzeugbesitzern konfrontiert werden.
Was ist also die wirkliche Auswirkung des autonomen Fahrens auf unsere Gesellschaft?
Sicherlich warnten Skeptiker immer vor Arbeitslosigkeit wenn große technische Veränderungen stattgefunden haben, wie das Computerzeitalter oder die Automatisierung der Produktion.
Aber vielleicht, wenn es dann soweit ist, werden Probleme, bei der Akzeptant des autonomen Fahrens, nicht von der Bereitschaft sich von einem autonomen Fahrzeug chauffieren zu lassen, herrühren, sondern von mangelnden Zukunftsperspektiven? Statt Philosophen und Psychologen einzusetzen, die sich gegenwärtig mit der Akzeptanz der Gesellschaft, von Robotern gefahren zu werden, beschäftigen, wäre es vielleicht ratsamer, dass diese Wissenschaftler an neuen Gesellschaftsmodellen arbeiten, um neue Tätigkeitsfelder in einem zukünftig völlig veränderten Ökosystem aufzuzeigen?
